Die "Chöpfi"-Sandsteinbildungen bei Winterthur (Schweiz) - Fernauswirkungen des Ries-Impaktbebens?

Aus: International Journal of Earth Sciences

Zur Entstehung der "Chöpfi" bei Winterthur im Kanton Zürich (Schweiz), einer auffälligen Gruppe bislang rätselhafter Sandsteinbildungen in mittelmiozänen Schichten der dort anstehenden Oberen Süßwassermolasse, präsentieren die drei Geowissenschaftler Martin Schmieder, Elmar Buchner (beide Hochschule Neu-Ulm) und Volker J. Sach (Fokus Natur, Ochsenhausen) im International Journal of Earth Sciences (der ehemaligen "Geologischen Rundschau") eine neue Theorie. Demnach entstanden die bis zu etwa 1 Meter hohen, äußerlich häufig pilzförmigen und innerlich weitgehend strukturlosen Sandsteingebilde wohl als Sand-Diapire im Zuge des gewaltigen Erdbebens, das vor 14,8 Millionen Jahren durch den Einschlag des Ries-Asteroiden ausgelöst wurde und innerhalb weniger Minuten weite Bereiche des nordalpinen Molassebeckens mehrere Meter tief umpflügte. Infolge der starken seismischen Kräfte beim Durchgang der Erdbebenwellen durch das teils wassergesättigte, sandige Sediment - das Ries-Beben hatte wahrscheinlich eine Stärke von etwa 8,5 auf der Momenten-Magnituden-Skala - kam es zur temporären Verflüssigung der Sande, gefolgt vom pilzartigen Aufstieg innerhalb des umgebenden Substrats und der kalkigen Verfestigung der Sand-Diapire, wie dies auch an anderen Stellen im Bereich des „Ries-Seismits“ zu beobachten ist (etwa im Hochgeländ südlich Biberach an der Riß). Damit stellen die Chöpfi nicht nur eine besonders anschauliche Form eines Seismits in 3D-Erhaltung dar, sondern repräsentieren mit einer Distanz von rund 205 km vom Ort des Ries-Einschlags zudem die distalsten bisher bekannten Fernauswirkungen des mittelmiozänen Impakt-Bebens, die bis in die heutige Schweiz hineinreichten.

Gruppe der diapirartigen Sandstein-“Chöpfi” bei Winterthur in der Schweiz. Bild: Adrian Michael, CC BY-SA 1.0-Lizenz.

Abb.: Gruppe der diapirartigen Sandstein-“Chöpfi” bei Winterthur in der Schweiz.
Bild: Adrian Michael, CC BY-SA 1.0-Lizenz.

Ausgewitterte, „Chöpfi“-ähnliche Sandsteingebilde im Tobel Oelhalde-Süd (Hochgeländ) bei Biberach an der Riß. Höhe der Sandsteinobjekte etwa 25-30 Zentimeter. Fotos: Volker Sach (2021) Ausgewitterte, „Chöpfi“-ähnliche Sandsteingebilde im Tobel Oelhalde-Süd (Hochgeländ) bei Biberach an der Riß. Höhe der Sandsteinobjekte etwa 25-30 Zentimeter. Fotos: Volker Sach (2021)

Abb.: Ausgewitterte, „Chöpfi“-ähnliche Sandsteingebilde im Tobel Oelhalde-Süd (Hochgeländ) bei Biberach an der Riß. Höhe der Sandsteinobjekte etwa 25-30 Zentimeter. Die Sandstein-Diapire lagern in einem so genannten "Seismit-Horizont" innerhalb mittelmiozäner Feinsedimente der Oberen Süßwassermolasse. Sowohl Seismit-Horizont wie auch die darin vorkommenden Sandstein-Diapire bildeten sich infolge eines gewaltigen Erdbebens, das durch den Ries-Einschlag vor etwa 14,8 Millionen Jahren ausgelöst wurde. Fotos: Volker J. Sach (2021)

Quelle:
Schmieder, M., Sach, V. J. & Buchner, E. (2021) The Chöpfi pinnacles near Winterthur, Switzerland: long distance effects of the Ries impact earthquake? International Journal of Earth Sciences, https://doi.org/10.1007/s00531-021-02082-0.


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